Montag, 2. Juli 2018

Eine Depression ist ein fucking Event!

Ich weiß, bei mir ist es still geworden in den letzten Wochen.

Auf der einen Seite tut es mir sehr Leid - und auf der anderen Seite muss ich zugeben, dass ich einfach nichts schreiben konnte.
Meine Depression hat mich seit Ende Mai fest im Griff und ich fühle mich so ohnmächtig und im wahrsten Sinne des Wortes kaputt.

Ich versuche mich wie schon so oft selbst aus dem dunklen Gefängnis der Depression zu befreien, aber dieses Mal ist es besonders schlimm. Denn irgendwie scheinen die Methoden und Werkzeuge nicht zu wirken, die ich mir in den letzten Jahren zusammengesucht habe... Es fühlt sich an, als wäre ich eingesperrt. Als ob ich zwar den Schlüssel zur Tür meines Gefängnisses hätte, dieser aber aus irgendeinem Grund nicht passen würde...

Natürlich war ich schon (mehrmals!) bei meinem Hausarzt, aber außer dass ich eine Krankschreibung und Johanniskraut bekommen habe, ist nicht viel passiert. Antidepressiva möchte ich übrigens nicht, weil ich davon immer extrem zugenommen habe und weil die auch Schübe beim Lipödem auslösen können.
Aber ich tue, was ich kann... Ich bin auf der Suche nach einem Therapeuten, habe eine psychosomatische Reha beantragt und beschlossen, in den nächsten Tagen eine Beratungsstelle aufzusuchen um herauszufinden, was es hier noch so für Angebote gibt.

Und ich versuche die Depression zu akzeptieren. Aber das ist gar nicht so leicht. 
Das Zitat «Eine Depression ist ein fucking Event!» aus meinem neuen (aktuellen) Lieblingsroman "Mängelexemplar" (von Sarah Kuttner) passt für mich gerade extrem gut! 


Es ist gleich der erste Satz aus dem Buch. Etwas später heißt es da noch: Es ist so, als ob man im Radio sauteure Tickets für ein Konzert gewinnt, auf das man keine Lust hat. Eine Depression ist wie ein Madonna-Konzert: wirklich ein «fucking Event.» Allerdings ein beschissenes und unnötiges «fucking Event». 
Diese Formulierung ist grob und der Vergleich ungewöhnlich, aber für mich passt er. Eine Depression ist ein "fucking Event", sie ist einfach scheiße und man will sie nicht. Nicht gratis und auch nicht einmal mit Schokosoße, Sahnehaube und bunten Streußeln garniert! Eine Depression ist hässlich und bleibt es auch mit Dekoration! Dabei ist die Dekoration wohl auch nicht besser... Bei mir besteht sie nämlich neben meinen typischen Heul-Anfällen aus Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Zukunftsangst, schwankenden Essstörungen und einer riesigen Portion "Ich will, aber ich kann nicht", das heißt chronischer Erschöpfung.

Und da ich im Moment immer sehr erschöpft bin, lese ich viel bzw. höre ich viele Hörbücher. Das "Mängelexemplar" war eines davon. Beim Hören erkannte ich mich sehr schnell in der Protagonistin Karo wieder. Okay, wir haben etwas andere Probleme und sie mit mehr Ängsten zu tun als ich, aber ansonsten kenne ich ihre Gedankengänge und Gefühle sehr gut.
Das Hörbuch war traurig und augenöffnend zugleich und manchmal auch lustig, da der Stil sehr direkt und flapsig ist. Mir gefällt das Buch außerordentlich gut. Vielleicht euch ja auch? Weiter unten habe ich für euch noch mehr Infos zum Buch und den Link zu einer Leseprobe eingefügt.

Meinen Beinen geht es übrigens gut. Nicht, dass ihr denkt, mir geht es wegen bzw. nach meiner Operation so schlecht. Das ist aber nicht der Grund. Die Gründe sind kompliziert und ich verstehe selbst nicht 100%ig, was mit mir los ist. Zumindest habe ich eine Vermutung, warum es gerade jetzt so schlimm ist und das hat etwas mit meiner Arbeit zu tun.

Jedenfalls versuche ich nach Vorne zu sehen und trotzdem zu akzeptieren, wie es gerade ist. Das ist wirklich nicht leicht, merke ich gerade. Denn mir schießen schon wieder die Tränen in die Augen.

Ich hoffe wirklich, euch geht es besser als mir und sende liebe Grüße,
eure Nadine

Tanja Kummer vom SRF schreibt zum Roman "Mängelexemplar" von Sarah Kuttner:

Karo ist eine 27jährige Powerfrau mit Ecken und Kanten, ein Stehauffrauchen mit Lieblingssatz: «Ich mach das, kein Problem». Als sie ihrer Stelle in einer Event-Agentur verliert und ihre Beziehung beendet, denkt sich der Leser, die Leserin: Och, kein Problem - diese Frau wird einen neuen Mann und einen Job finden. Aber in dieser Zeit, in der Karo wenig zu tun hat und häufiger alleine ist, wird sie auf einmal von Angstgefühlen überwältigt, von denen sie nicht weiss, woher sie kommen.

Sarah Kuttner beschreibt ein Jahr im Leben ihrer Protagonistin Karo, die immer ein schnelles Leben gelebt hat und nun von einer Depression ausgebremst wird. Sie erzählt von der Therapie, den Reaktionen des Umfeldes und der Schwierigkeit, die Depression und die quälenden Gefühle, die damit einhergehen, zu akzeptieren. Aber auch von ihren Problemen mit Männern, von Freundschaften und der Beziehung zu den Eltern. Das Buch ist in schmissiger Jugendsprache geschrieben, leicht zu lesen, es ist echt, charmant und schonungslos. Dass Karo die Klappe so weit aufreisst tut gut es ist die Kampfansage an die Tabuisierung des Themas Depressionen, die Lizenz zum Drüberreden und um sich helfen zu lassen, wie Karo es macht. Und zwar erfolgreich. Für junge oder jüngere Mensche ist das sehr motivierend.

Eine Leseprobe findet ihr hier auf der Seite von Brigitte.de.


Quelle Bild oben: CC0-Lizenz über https://www.pexels.com/de/foto/abgeschlossen-ausfahrt-drinnen-eingang-270514/

1 Kommentar:

  1. Ich drück dich, Süße, kenne deine Phase nur zu gut. Außer der Wortfindungsstörung und der Antriebslosigkeit geht es mir recht gut. Mir ist zuletzt eine Stelle zugeflogen, zu der mich sogar gemeldet habe und Samstag anfange!!! ;)
    Sende dir Ein Lächeln und einen Sonnenstrahlen.
    Doro

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