Samstag, 30. Dezember 2017

Erinnerungen: Von Mut und Ohnmacht

Abendhimmel bei Staßfurt (22.12.2017)

Hallo ihr Lieben,

manchmal fällt es mir leicht hier etwas zu schreiben und manchmal genau das Gegenteil.
Während ich über meine Pilgerreise schrieb, hatte ich zum Beispiel kaum Probleme, meine Gedanken in Worte zu fassen.

Nur letzte Zeit überlege ich öfter, was ich Euch berichten möchte...

Heute ist es dem Zufall geschuldet, dass dieser Beitrag entstand: Ich habe nämlich beim Sortieren von Unterlagen einen handschriftlichen Text von mir gefunden, in dem ich mir wohl mal Einiges von der Seele schreiben wollte...
Darin geht es um meine Lipödeme, aber auch um die Brust-Asymmetrie, die mich in meiner Jugend quälte. Nachdem ich vorhin beschlossen habe, diesen Text (leicht abgewandelt) auf meiner Seite über die Brust-Asymmetrie zu veröffentlichen, möchte ich ihn auch hier zugänglich machen.

Von Mut und Ohnmacht (19.07.2015)

Viele sagen, ich sei mutig, mit meiner Vergangenheit an die Öffentlichkeit zu gehen… Ja, da ist meine Homepage über meine Brust-Asymmetrie und die gibt es auch schon sehr lange…
Aber so mutig bin ich auch nicht…
Sonst hätte ich die ganze Sache schon mal bearbeitet… dabei habe ich nicht einmal damit angefangen. Meine ersten zaghaften Schritte waren die Homepage und die „Planung“, dieses Thema mal mit einem Psychologen/einer Psychologin zu besprechen. Aber ich habe mich bisher nicht getraut – weder während meiner psychosomatischen Reha im Frühjahr 2013, noch im Sommer danach, als ich eine Weile zu Hause in Braunschweig einen Therapieplatz hatte (den ich ziemlich schnell wegen meines Umzugs wieder abgeben musste). Ich hatte es beiden Therapeuten gezeigt – über meine Homepage – aber für mehr hat es nicht gereicht.
Das Thema ist für mich wie ein heißes Eisen: ich traue mich nicht, es anzufassen!
So viele Gefühle sind damit verbunden!
Das geht von (Selbst-)Vorwürfen und Hass über Zweifel, Angst und Hoffnungslosigkeit bis hin zu Einsamkeit… allein gelassen zu sein…
Vielleicht komme daher auch die vielen Blockaden, die ich habe (oder zumindest ein Teil davon).
Ich fühle mich so krank und verletzlich. Durch die aktuelle Blasenentzündung wohl noch viel mehr als sonst. Klein und alleingelassen schlägt eine Welle aus Problemen über mich zusammen. Ich fühle mich ohnmächtig angesichts ihrer…
Manchmal denke ich, dass ich für mein Alter zu viel durchgemacht habe: dass ich zuviel Ballast mit mir herumtragen muss; dass ich zu viele Dinge gesehen und erlebt habe, die schlimm und tiefgreifend waren.
Ich fühle mich unnormal - gezeichnet als „chronisch Kranke“ und das in meinem Alter!
Herz, Magen, ein kaputtes Knie, ein kaputtes Handgelenk… meine Lipödeme… immer wieder psychische Probleme! In meinem Alter!
Ich fühle mich entstellt. Anders kann ich es nicht sagen. Hauptsächlich durch die Ödeme – die Angst, dass es schlimmer werden kann… und das Gefühl, keine „richtige“ Frau zu sein! Immer noch keine „richtige“ Frau!!! Trotz der angleichenden Operationen vor ein paar Jahren!
Innen ist nicht gleich außen!
Das ist meine Erkenntnis aus der ganzen Sache!
Operationen können nicht alles richten… vor allem kein Selbstbild, das bei mir wohl NIE (!!!) normal oder überhaupt in Ordnung war. Zumindest nicht, solange ich mich daran erinnern kann.


Als ich diesen Text gelesen hatte, wurde mir klar, dass es mit den Lipödemen genauso sein wird. Innen ist nicht gleich außen! Die Liposuktionen werden vielleicht meinen Körper verändern, aber nicht mein Inneres. Zwar ist mein Selbsthass Dank Eva Nitschingers Selbstliebe-Kurs lange nicht mehr so stark, wie früher, aber ich werde noch einiges an meinem Selbstbild arbeiten müssen nach den Operationen.

Das war mein Fehler nach den Brust-OPs: Ich habe es nicht verarbeitet. Immer noch nicht. Dieses Mal werde ich mir mehr Mühe geben und auch gleich das mit meinen Brüsten angehen. Ich habe es mir fest vorgenommen. Sozusagen als jahresübergreifende gute Vorsatz für die nächsten zwei Jahre oder so.

Übrigens würde ich mittlerweile jedem raten, der eine schlimme Erfahrung gemacht hat, sich psychotherapeutische Hilfe zu holen. Und zwar wirklich zeitnah, anstatt es ewig zu verdrängen!

Mit diesem lieb gemeinten Rat verabschiede ich mich heute
und wünsche Euch einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Eure Nadine

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